Rückblick 2006

Bericht in der Memminger Zeitung am 25.5.2006 

zur Monatsversammlung „Europa und der Islam" am 19.05.2006:

 

Die Angst vor dem Islam wächst”

Experte Rainer Schwarz betont aber bei Vortrag: „Die Muslime sind keine Bedrohung”

 

„Die Angst der Deutschen vor dem Islam wächst.” Mit dieser Aussage eröffnete Hans Glück den von der Kolpingsfamilie und der Hanns-Seidl-Stiftung an- gebotenen Vortragsabend. Als Referent im Pfarrsaal von St. Josef empfahl Rainer Schwarz jedoch nicht Angst, sondern Information und Auseinandersetzung. Beim Thema „Europa und der Islam” holte Schwarz weit aus, zumal er sich seit vier Jahrzehnten intensiv mit dieser Problematik beschäftigt: Durch Zuwanderung steht der Islam heute „vor unserer Haustür”, sei aber keine Bedrohung. Es gelte, die Mitbürger zu integrieren, die erstmals in den sechziger Jahren ins Land geholt worden seien, um Arbeiten zu verrichten, für die sich keine Deutschen gefunden hätten.

     Die Frage laute aber: „Wie verhalten wir uns gegenüber Parallelgesellschaften, deren Mitglieder zum Teil nicht gewillt sind, sich in das europäische Wertesystem zu integrieren?” Die Zahl der Muslime in Europa nehme zu, weil deren Geburtenzahlen höher als die anderer Religionsgemeinschaften seien. Es lasse sich aber nicht vorhersagen, ob sich diese Quote bei Übernahme anderer Lebensvorstellungen halte. Schwierig sei der „dringend erforderliche Dialog” auch wegen der Vielzahl von Glaubensrichtungen innerhalb des Islam.

Die Modernen unterstützen”

     Eine Vielzahl von Muslimen praktiziere ihren Glauben so wenig wie Angehörige anderer Religionen auch, so der Referent. Es gebe allerdings bestimmte Gruppen, deren Aktivitäten Befürchtungen auslösten. Falsch ist laut Schwarz die Gleichung „Türke ist Muslim, Muslim ist Islamist, Islamist ist Terrorist.” Es gelte vielmehr, nicht jenen den Boden unter den Füßen weg zu ziehen, die sich vorbehaltlos integrieren wollten. Und es sei wichtig, den „modernen Islam” zu unterstützen.

     Um ein umfassendes Bild zu zeichnen, schilderte Schwarz den Islam als Offenbarungsreligion, die den Koran wörtlich verstehe und keine zeitbedingte Interpretation zulasse. Koran-Sätze gelten laut Schwarz nicht nur für die Glaubensentscheidung des Einzelnen, sondern für alle gesellschaftlichen Bereiche.

     Während christliche Kirchen aber niemanden unter Zwang setzten, erhebe der orthodoxe Islam einen Totalitätsanspruch. Die Unterscheidung zwischen friedlichen und gewalttätigem Islamismus erweise sich dabei zunehmend als schwierig. Es bestehe die Gefahr, dass sich gewalttätiger Islamismus verstärke. Der Islam müsse sein Verhältnis zur Gewalt klären, wenn er gleichberechtigter Partner sein wolle, betonte der Referent.

   Schwarz erklärte auch, der Bau von Moscheen könne nicht untersagt werden, weil jede Religions- gemeinschaft Anspruch auf Gebetsräume habe. Die Kommunen könnten aber sehr wohl Einfluss nehmen - zum Beispiel auf die Höhe des Minaretts.